SCHIENE regional - Bahnthemen Südwest© 2008 by Frank-D. Paßlick, Gengenbach Entgleisung eines Bahnhofs (Teil 2)Vom Weg zum Zugzurück zu Entgleisung (Teil 1) "Entgleisung eines Bahnhofs" Der Angebot des Schienen-Personen-Nahverkehrs für Gengenbach kann im Fahrplanabschnitt vom 12.12.2004 bis 10.12.2005 mit täglich 61 haltenden Zügen (montags bis freitags) durchaus sehr positiv bewertet werden. Eine wesentliche Voraussetzung für eine Nutzung dieses guten Angebots, bestellt und überwiegend auch finanziert durch das Land Baden-Württemberg, ist die Attraktivität des Bahnhofs. Dazu gehört selbstverständlich ein angenehmes Umfeld, die Möglichkeit der persönlichen Information und Reiseberatung, einschließlich des Verkaufs von Fahrkarten, Platzreservierungen usw. Die Zugänglichkeit der Fahrkartenautomaten und der Entwerter für "Streifenkarten" im Nahverkehr sind unabdingbar. Eine entscheidende Barriere, um aktuelle und potentielle Kunden auf Dauer von der Nutzung der Bahn fernzuhalten, ist ein ungeschickt und nicht sinnvoll gestalteter Zugang zu den Zügen. Da hilft auch Aspirin nicht weiter: gar manch ein schienengleicher Bahnsteigzugang bereitet Kopfzerbrechen. Der Bahnsteigzugangs war in Gengenbach bis zum 15.12.2004 bequem und sicher. Züge Richtung Offenburg hielten, und daran hat sich nichts geändert, am Hausbahnsteig 1. Schalter, Warteraum, Überdachung am Bahnsteig, Fahrradabstell- und Parkplätze - alles ist barrierefrei und mit kurzen Wegen erreichbar. Dank der Anwesenheit von Fahrdienstleitern im Stellwerkraum, der sich im Empfangsgebäude zur Gleisseite hin befindet, konnte auch der ebenerdige (schienengleiche) Zugang zu den Zügen in Richtung Villingen überwacht und gesteuert werden. Züge von Offenburg nach Hausach, Villingen, Konstanz hielten an Gleis 3. Da Gleis 2 nicht gleichzeitig befahren wurde, konnte bei geöffneter Schiebeschranke jeder Zug bis unmittelbar vor seiner Abfahrt bequem erreicht werden. |
Foto: Die Ortenau-S-Bahn von Offenburg nach Hornberg fährt in Gengenbach auf Gleis 3 ein. Viele Pendler kommen unmittelbar vor der Einfahrt erst zum Bahnhof. Gelegenheitsfahrgäste "kämpfen" noch bis zur Einfahrt mit dem Fahrkartenautomaten. Aber der Zugang zum Zug bleibt bis zur Abfahrt gewährleistet. Gleis 3 wurde am 15.12.2004 für Zugfahrten endgültig gesperrt. Der Unternehmensbereich DB Netz hat aus Gründen der Wirtschaftlichkeit die Anzahl der Gleise für Zugfahrten auf das unbedingt erforderliche Minimum reduziert. Mit der Sperrung von Gleis 3 wurde den Fahrdienstleitern vor Ort, auch sie gehören zum "Netz", eine erhebliche zusätzliche Verantwortung aufgebürdet. Sie müssen ausbaden, was in einer Presseerklärung und in einer Information am Anhangfahrplan zum Kopfschütteln der Fahrgäste führt: "Mit der Sperrung von Gleis 3 muss der Übergang zum Bahnsteig fünf Minuten vor Abfahrt des Zuges geschlossen werden!" Das Wetter am 15.12.2004 ist trüb, die Stimmung am Bahnhof in Gengenbach nicht minder. RE 4113 hält als erster Zug exakt nach Plan um 15:05 Uhr auf Gleis 2. Am Hausbahnsteig die ersten Kunden, die nicht mehr rechtzeitig zum Bahnsteig hinüberkamen. Am Fahrplanaushang suchen sie nach der nächsten Verbindung - je nach Fahrziel zwei Stunden später! |
Aus der Sicht der "Netzler" ist diese Anweisung an die Fahrdienstleiter - und die Kundschaft von DB Regio und der OSB - einsichtig. Sobald die Einfahrt in Gleis 2 gestellt wird, und dies sollte geschehen, wenn der Zug aus Offenburg die Ortenberger Kurve durchfahren hat, muss zuvor der Bahnsteigzugang verriegelt werden. Bei RegionalExpress-Zügen nach Konstanz kann der Übergang erst nach deren Ausfahrt, also etwa fünf Minuten nach seiner Schließung, wieder geöffnet werden, damit die ausgestiegenen Fahrgäste die Gleise zum Hausbahnsteig hin überschreiten können. Ein provisorischer Bahnsteigzugang am südwestlichen Ende des Bahnsteigs kann die prikäre Situation nicht mildern. Der alternative Bahnsteigzugang ist vom Schalter oder Automaten aus nicht beschildert, führt zweimal über die Straße, auf einem unbeleuchteten Steg in sechs Meter Höhe über die Gleise und dann vom Bahnsteigende zurück bis zur Einstiegsstelle. Das ist Verhöhnung der Kundschaft! Dramatische Szenen haben sich seit der neuen Zugangsregelung abgespielt. Schichtarbeiter, deren Arbeitszeiten auf den Fahrplan abgestimmt sind, laufen hinter dem eingefahrenen Zug über die Gleise (zwei Stunden später fährt ja wieder einer ...). Nach einer sinnvollen Beurteilung der Situation benutzen sie auf dem Weg von der Arbeit eine nördlich vorhandene Unterführung bei der ehemaligen Güterhalle. Sie gelangen über die Gleise 3 und 4 zu ihrem Zug. Dort werden sie allerdings, obwohl die Gleise für den Zugverkehr stillgelegt sind (wodurch die irrwitzige Situation erst entstanden ist), von der Bundespolizei mit 25 EUR zur Kasse "gebeten" - und fahren ab sofort mit dem Auto! Aber auch an der Schiebeschranke, vor den Augen der Fahrdienstleiter, spielen sich haarsträubende Szenen ab. An dieser Stelle soll selbstverständlich betont werden, dass ein Überschreiten der Gleise ohne entsprechende Erlaubnis ein extrem gefährlicher Verstoß gegen die Regeln ist. Zudem wird das Betriebspersonal durch Personen im Gleis erheblich belastet, auch wenn alles "nochmal gut geht". Andererseits fällt es schwer nachzuvollziehen, dass technische Veränderungen nur nach wirtschaftlicher Beurteilung verfügt werden. Die Warnungen und Vorhersagen von örtlichem Personal und externem Sachverstand, die inzwischen von der Realität übertroffen wurden, hatten keinerlei Einfluss auf den Entscheidungsprozess. Im wahrsten Sinne wurde ohne Rücksicht auf Verluste gehandelt. Von Verantwortlichen beim Netz werden einem Pastor(ini) gleich Beschwichtigungen heruntergebetet. Diesen Verantwortlichen sei gesagt: Stellen Sie sich doch bitte einmal auf den Bahnsteig und schauen Sie sich das Leid an, dass Ihr fahrlässiges Handeln auslöst (hoffen wir, dass es zum Schlimmsten nicht kommen wird). Da läuft die alte Dame bei sich schließender Schiebeschranke - die Situation kannte sie in den letzten 50 Jahren nicht - auf den Übergang, klemmt ihre Handtasche ein und versucht diese auch noch zu befreien, als sich der Zug auf Gleis 1 nähert. Da versucht eine Frau über die geschlossene Schiebeschranke in den auf Gleis 2 stehenden Zug einzusteigen - es ist der letzte an diesem Tag zu ihrem Heimatort. Die gerade am Automaten gelöste Fahrkarte (Baden-Württemberg-Ticket) kann nicht mehr erstattet werden, obwohl sie sich jetzt die 190 Entfernungskilometer mit dem Auto abholen lassen muss. Diese Aufzählung könnte seitenweise fortgesetzt werden. Das oben gezeigte Foto, mit der Überholung im Bahnhof Gengenbach, kann in dieser Form nicht mehr aufgenommen werden. Hier findet am 24.12.2002 eine betriebsbedingte Überholung der OSB durch einen Regionalexpress nach Konstanz statt. Da der Fahrdienstleiter frühzeitig von der bevorstehenden Überholung in Kenntnis gesetzt worden war, konnte er vorbildlich disponieren. Der RS1 der Ortenau-S-Bahn wurde in Gleis 2 gestellt. Der Übergang zum Bahnsteig wurde nach dem Halt des Triebwagens wieder geöffnet, damit die aussteigenden Fahrgäste der OSB, wie auch die Fahrgäste für den Regionalexpress, die Gleise 1 und 2 überschreiten konnten. Bis unmittelbar vor der Abfahrt des RE, der Zugführer gibt gerade Signal Zp9 mit der Handscheibe, konnten die Kunden der Bahn vom Hausbahnsteig, wo sich Fahrkartenschalter und die Automaten befinden, zum Zug gelangen. Aber nun ist Gleis 3 für Zugfahrten endgültig gesperrt. Jetzt müssen die Fahrgäste bereits 5 Minuten vor Abfahrt eines Zuges vom Hausbahnsteig Gleis 2 hinüber wechseln, um noch eine Chance zur Mitfahrt im Zug zu haben. Und wie wird es weitergehen? Gibt es eine Lösung des Problems, mit dem die Menschen leben u n d bahnfahren können? Der Beitrag wird hier nicht enden ... Am 24. Februar 2005 entstand das Foto (unter dem anfahrend Zug hindurch) mit der Frau am Hausbahnsteig, die den Fahrdienstleiter am offenen Fenster um Rat bittet. Sie hat es nicht mehr rechtzeitig vor der Schließung des Übergangs zum Bahnsteig an Gleis 2 geschafft - und nun fährt RE 4117 ohne sie nach Konstanz. Aber es ist Hoffnung in Sicht, denn eigentlich sollten schon am 24.02. die RE v o r dem Übergang halten, um kurz vor der Abfahrt noch eine Zugangsmöglichkeit zu schaffen. Über die weitere Entwicklung wird selbstverständlich an dieser Stelle berichtet ... Unterführung Typ Mauseloch - nein danke!
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